Pastis – Französische Alternative zu Ouzo & Co
Der Pastis ist ein Schnaps, der sich vor allem in dessen Heimat Südfrankreich großer Beliebtheit erfreut. Wenn man morgens beispielsweise in der Hafenstadt Marseille flanieren geht, kann man die Liebe schon sehen. Noch bevor der Tages-Trubel losgeht, genehmigen sich viele Einheimische schon ihren milchig weißen Pastis zur morgendlichen Lektüre. Das Klischee, nachdem nur Boule-spielende Männer dem Anisschnaps frönen, ist also bloß das. Jeder liebt das Getränk.
Pastis ist das erste, was auch Ihnen zu Südfrankreich, der Provence einfällt? Super, dann sind Sie ein waschechter Liebhaber der Spirituose aus Anis. Viele kennen nämlich nur Ouzo, Sambuca oder Raki. Im Allgemeinen scheint der Süden Europas ja ein Faible für Anis-Schnaps oder -Liköre, also alle Spirituosen mit Anisaroma (Anisées), zu haben. Für alle, die Pastis lieben und auch die Neulinge auf dem Gebiet, ist dieser Beitrag gedacht. Mit einem kleinen Abstecher in die Geschichte haben auch wir unser Wissen nochmals aufgefrischt und für Sie aufbereitet. Danach rufen wir uns die Herstellung und Trinkweisen in Erinnerung, bevor wir aus unseren Empfehlungen einen Pastis wählen, um die Arbeit zu belohnen.
- Am Anfang stand Absinth
- Der Aufstieg von Pastis
- Herstellung
- Zum Verzehr – typische Trinkweisen und mehr
- Unsere Empfehlungen
Am Anfang stand Absinth
Den Pastis haben wir der französischen Prohibition Anfang des 20. Jahrhunderts und der Liebe der Franzosen zu Absinth zu verdanken. Sie wollten trotz Verbot nicht auf die nach Lakritz schmeckende Spirituose verzichten. Ursprünglich war Absinth nur eine Art Elixier, das Apothekerschwestern im 18. Jahrhundert in der Schweiz herstellten. Aus Anis und Wermut mischten sie es für Patienten mit Magenleiden an. Über Major Dubied und dessen Schwager Henri Louis Pernod kam das Getränk über die damalige Gemeinde Couvet Anfang des 19. Jahrhunderts nach Frankreich. Die Stadt Pontarlier verbindet man auch heute noch mit der sogenannten „Grünen Fee“. Absinth gewann zunehmend an Beliebtheit.
Vor allem durch die Künstlerszene schwappte das Verlangen nach der hochprozentigen Spirituose über auf die normale Bevölkerung. Künstler jedweder Art, egal, ob deren Werkzeug der Pinsel oder die Feder war, alle schworen auf die inspirierende Wirkung von Absinth. Sein halluzinogener und erotisierender Effekt soll sie zu Höchstleistungen gebracht haben.
Nachdem 1890 bekannt wurde, dass der Konsum von Absinth süchtig macht und die Halluzinationen nicht ohne sind, veranlasste erst ein Vorfall 1914 das Verbot der Herstellung und des Verzehrs von Spirituosen über 14%. Ein Mann soll im Rausch seine gesamte Familie umgebracht haben. Man führte dieses Verhalten auf das im Absinth enthaltene Thujon zurück. Dessen Extrakt stammt aus den Blättern des Wermuts und ist in höheren Mengen ein hochwirksames Nervengift. 1915 weitete sich das Verbot dementsprechend auf alle Thujon-haltigen Kräuterspirituosen aus und auch die meisten europäischen Länder schlossen sich dem an.
Damals wusste man noch nicht, dass es nicht der Thujon-Gehalt war, der die Menschen inspirierte oder zu solchen Gewalttaten veranlasste, sondern nur der übermäßige Konsum des 80%igen Absinths. Die Leute waren schlichtweg stockbesoffen. Die Symptome übermäßigen Alkoholkonsums ähnelten einfach denen des Nervengifts: Verwirrtheit, Schwindel, Halluzinationen und Ähnliches.
Der Aufstieg von Pastis
Grundlegend waren die Herstellung und der Verzehr von nach Anis schmeckenden Getränken nach 1914 noch erlaubt, solange sie die 14% Marke nicht überschritten und auch kein Thujon enthielten. Mit so einem billigen Abklatsch wollten sich die Franzosen aber nicht zufriedengeben. Die heimliche Herstellung von Pastis begann. Der Ursprung des Wortes liegt im Okzitanischen, einer galloromanischen Sprache, die sich neben Französisch aus dem Vulgärlatein (gesprochenes Latein) entwickelt hat. Sie war vor allem im Süden verbreitet und auch heute wird sie gesprochen und gelehrt. Pastis bedeutet soviel wie „Nachahmung“. Maßgeblich am Aufstieg des Anisées war der junge Paul Ricard beteiligt. 1922 war die Produktion von Anislikören und Alkoholen bis 40% wieder erlaubt, da sie im Gegensatz zu Absinth nun als unschädlich galten. Ricard waren die 40% noch nicht genug und er produzierte Ende der 1920er Jahre Anisaperitif mit einem nur gering höheren Alkoholgehalt in Marseille. Dafür musste er mehrfach Strafen bezahlen.
Das hielt ihn aber nicht ab, weiterzumachen, denn er wollte den Franzosen ein Stück ihrer Tradition wiedergeben. Schließlich lenkten die Gesetzgeber 1938 ein und sein Pastis, der „Marseille de Pastis“ mit 45% markierte den Beginn der Erfolgsgeschichte des eigentlich nur als Ersatz gedachten Anis-Getränks. Vor allem dank des 1936 in Frankreich eingeführten bezahlten Urlaubs setzte sich dieser Anisée auch in ganz Frankreich durch. Pastis wurde nämlich zum Inbegriff des Sommerurlaubs. Im Zuge des Vichy-Regimes (1940-1944), das nach der Niederlage Frankreichs durch Hitlers Westfeldzug in Kraft trat, wurde Pastis mitsamt aller Anisgetränke und Alkoholen über 16% wieder verboten. In der Zeit produzierte Ricard Fruchtsäfte, Wermut und Treibstoffalkohole. Nachdem 1951 Pastis wieder erlaubt war und Pernod seinen Erfolg mit dem Pastis 51 feierte, führten Ricard und Pernod ihre Unternehmen zusammen und wurden zu Pernod Ricard. Zusammen schafften sie es, Pastis durch das Hinzufügen immer neuer pflanzlicher Inhaltsstoffe auch außerhalb Frankreichs bekannt ui machen.
Herstellung
Um Pastis herzustellen, mazeriert man verschiedene Pflanzen in Alkohol. Anschließend verdünnt man das Mazerat, bis es nur noch einen Alkoholgehalt von 40 bis 45% aufweist. Bei 45% darf er sich dann „Pastis de Marseille“ nennen, solange sein Anetholgehalt (ätherisches Öl aus Anis, Sternanis und Fenchel) bei 2 Gramm pro Liter liegt. Früher waren es nur Anis und Süßholzwurzeln, die für diesen Anisée in Neutralalkohol eingelegt wurden. Heute verwendet man bis zu 65 weitere Pflanzen, Kräuter und Wurzeln. Am geläufigsten sind solche, die Anisaromen enthalten oder ähneln. Dazu zählt die schon erwähnte Süßholzwurzel und Fenchel. Daneben gesellen sich beispielsweise Zimt, Pfeffer, Kardamom, Salbei, Kreuzkümmel und Thymian ins Potpourri. Bei jedem Hersteller ist die genaue Zusammensetzung anders und streng geheim.
Damit unterscheidet Pastis sich eigentlich ganz schön von Absinth. Dieser wird nämlich destilliert und so viele Zutaten kommen ihm gar nicht in die Destille. Wo Absinth eher kräftig und vor allem bitter ist, zeugt der Anisée von einer sanfteren Struktur mit eher blumigen Aromen. Pastis darf nur einen Zuckergehalt von höchstens 100 Gramm pro Liter enthalten. Seine Färbung, die von dezent gelblich bis in helle Kupfer- bzw. Bronzetöne geht, kommt meistens aus der Mazeration von Süßholz, kann aber auch Ursprung in der Zugabe anderer natürlicher Zutaten haben, wie beispielsweise Karamell. Dabei ist Pastis immer klar. Das typisch milchige kommt erst zum Vorschein, wenn es ums Trinken geht.
Zum Verzehr – typische Trinkweisen und mehr
Traditionell trinkt man Pastis mit Eiswasser verdünnt. Dazu mischt man einen Teil des Anisées mit bis zu fünf Teilen Wasser. Das Resultat ist der Pastis, wie wir ihn kennen: Seine Farbe schlägt um in ein milchiges, beinahe wie Perlmutt schimmerndes (d.h. opaleszierendes) Weißgelb. Diesen Effekt nennt man Louche-Effekt. Durch die Zugabe von Wasser trennen sich die Moleküle der pflanzlichen ätherischen Öle wieder vom Alkohol. Wassermoleküle umschließen Ölmoleküle und durch die Lichtreflexion aus den Grenzbereich entsteht der Eindruck dieser schillernden Färbung. Auch wenn man den Anisée kühlt, ist dieser Prozess zu beobachten. Im gekühlten Zustand, also bei tieferen Temperaturen ist selbst Alkohol nicht mehr ganz so lipophil (fettliebend) wie im warmen Zustand. Sein Lösungsvermögen sinkt, Öltröpfchen bilden sich und der klare Pastis wird milchig. Je milchiger und trüber der Pastis, desto höher die Dichte an ätherischen Ölen.
In Südfrankreich gibt man neben Wasser und Eiswürfeln auch noch verschiedene Liköre und Sirupe hinzu. Dabei nimmt man aber nicht die ganzen 5 Teile Wasser, da die Eiswürfel das Getränk sonst zu sehr verwässern. So wird aus Pastis und Grenadinesirup die „tomate“, mit Minzsirup oder -likör ist er ein „perroquet“ (Papagei) und mit Mandelmichsirup ein „Mauresque“ (Maurin). Man kann den Anisée auch als Longdrink genießen. Besonders mit Bitterlemon oder Orangensaft, aber auch mit prickelnden Getränken wie Cola oder Champagner kommen die Lakritz-Aromen des Pastis zur Geltung. Pastis lässt sich auch mit anderen Alkoholen, Fruchtsäften etc. zu Cocktails verarbeiten.
Am besten steht der Anisée für sich und man trinkt ihn wie beschrieben. Allerdings kann man ihn auch köstlichst in der Küche einbauen. So können Sie Ihrer Weinsoße für Muscheln einen Schuss Pastis verpassen oder gar den Fisch, die Shrimps oder Gambas mit einer Pastis-Marinade grillen. Oder verfeinern Sie einfach mal ihr Eis oder ein anderes Dessert mit dem Anislikör.
Unsere Empfehlungen
Wie schon erwähnt, hatte Paul Ricard als erster Erfolg mit seinem Pastis und war auch für die Erhöhung des Alkoholgehalts verantwortlich. So setzen einige Pastis mit Ricard gleich und wissen gar nicht, das ersteres der eigentliche Name der Anis-Spirituose ist. Auch verwechseln Laien die Spirituose, die unter dem Namen Pernod bekannt ist, mit einem Pastis. Pernod ist aber ein Destillat aus Kräuteressenzen, dem dazu noch eine entscheidende Zutat fehlt: das Süßholz. Allerdings finden Sie aufgrund der Geschichte in der folgenden Auflistung den Pastis 51 aus dem Hause Pernod vor. Außerdem umfasst sie einige kleinere Marken, die aber ebenso ausgezeichnete Pastis herstellen, wie Ricard.
Ricard Pastis 45%
Zunächst haben wir hier den Vater des Pastis für Sie (der Urvater ist ja Absinth). Sein Rezept stammt aus dem Jahr 1932 vom damals 23-Jährigen Paul Ricard. Sternanis und Süßholz mazerieren zusammen mit einer geheimen Zusammensetzung aus Gewürzen und Kräutern der Provence. Mit Karamell verfeinert ergibt sich der berühmte Ricard Pastis. Sein Anisaroma ist natürlich in der Nase und auch am Gaumen dominant. In einer sanften Textur erscheinen auch Süßholz, Zucker und Karamell mit ihrer jeweiligen Süße, die aber niemals zu stark wird. Abgerundet durch eine feine Würze zeigt er sich abschließend mit einer angenehmen Balance seiner Aromen. Als purer Genuss oder in einer seiner vielfältigen Anwendungen können Sie ihn zum Ausklang des Tages sich selbst und Ihren Freunden servieren.
Pastis 51
Der Pastis 51 ist aus dem Hause Pernod. 1951 stand das Unternehmen ja noch alleine da und produzierte unter dem Namen Pernod und einer Zahl ihren Anisée. Das führte beim Pernod 51 zu einiger Verwirrung, denn sonst gab die Zahl den Alkoholgehalt an. Hier bezieht sich die 51 jedoch auf das Jahr, denn ab 1951 durfte man ja wieder Pastis produzieren, verkaufen und verzehren. Die Umbenennung in Pastis 51 brachte dann erst 1954 den erhofften Erfolg ein. Die weitere Erklärung für die Zahl war außerdem das Mischungsverhältnis von Wasser zu Pastis: 5 zu 1. Der Pastis 51 entsteht aus der Vermengung von Anis- und Lakritzextrakten, die durch eine 24-stündige Mazeration gewonnen wurden. Sie werden mit Kräutern verfeinert und mit Alkohol, Wasser und Zucker zum Pastis 51 vermengt. Der Pastis 51 schmeckt nach Lakritz, ist süß und hat eine schöne Kräuternote der Provence.
Duval Pastis 45%
Die Destillerie Duval hat ihre Wurzeln in der Destillerie, die den Absinth nach Frankreich brachte: Die Destillerie von Major Dubied und Henri Louis Pernod. Der Neffe Dubieds, Fritz Duval, gab der Destillerie schließlich seinen Namen. Nach dem Absinthverbot folgte Duval der allgemeinen Stimmung und stellte ebenfalls Spirituosen mit Anisaroma her. Er orientierte sich dabei an der Technik aus Marseille und mazerierte so auch die als Pastis bekannte Spirituose. Aus Sternanis, Süßholz und einer geheimen Mischung aus anderen mediterranen Gewürzen und Kräutern in Branntwein mazeriert entsteht so der Duval Pastis 45%. Ein feinwürziges, komplexes Bouquet begleitet den Anisgeruch. Am Gaumen präsentiert er elegant seine Anisaromen im Zusammenspiel mit der Süße aus dem Süßholz und einer delikaten Würze im Unterton.
Henri Bardouin Pastis 45%
Die Destillerie Henri Bardouin befindet sich in Forcalquier, dem Herzen der Provence. Seit 1898 besteht sie schon und machte sich an die Herstellung von Alkoholen aus den Extrakten der heimischen Kräuter. Sie ergänzte die ursprünglichen Rezepte, indem sie die Kräuter und Gewürze aus anderen Ländern der Mazeration beifügten. So war der Weg zur Herstellung von Pastis kein unbekannter. Henri Bardouin Pastis wird nach dem Vorbild von Ricard, dem Pastis de Marseille, hergestellt. Sternanis teilt sich den Mazerationsprozess mit ausgewählten Pflanzen. So ist auch sein Bouquet natürlich von Anis und dessen Lakritzaroma geprägt. In einer fein-würzigen und süßlichen Komposition entfaltet sich Anis in seiner vollen Pracht.
So, damit dürften auch die Kenner wieder das Wichtigste über Pastis auf den Schirm haben. Und auch die Neulinge unter Ihnen wissen jetzt Bescheid. Vielleicht sind Sie ja so begeistert, dass Sie Ihren nächsten Urlaub in Südfrankreich verbringen wollen, um die Pastis-Kultur live zu erleben. Wem das bis dahin zu lang ist, kann ja seine Vorfreude mit den Pastis aus unserem Sortiment schüren. Für alle, die sich dem Urvater des Anisées, dem Absinth, widmen wollen, dem sei der Beitrag Absinth trinken – Ein Tabu wird zum Trend ans Herz gelegt. Darin finden Sie Hinweise zu Trinkweisen und auch ein paar Empfehlungen unsererseits.
Zum Vergleich schlagen wir vor, sich auch den anderen Anis-Spirituosen zu widmen. Wie wäre es zum Beispiel mit unseren Beiträgen zu Ouzo?: Tolle Alternativen zu Ouzo 12 und Ouzo Cocktail – Ouzo Genuss einmal anders. Letzteren können Sie auch nutzen, um Pastis Cocktails zu zaubern. Falls Ihnen nach anderen Cocktail-Spezialitäten zumute ist, schauen Sie doch mal auf unserem YouTube Kanal, der Schüttelschule, vorbei.
Bei allerlei Fragen, Anregungen und Herzenswünschen stehen Ihnen unsere Mitarbeiter stets beratend zur Seite. Dazu können Sie in unserem Laden in der Essener Innenstadt kommen, eine E-Mail an info[at]banneke.de schreiben oder einfach anrufen. Wir freuen uns auf Sie und verbleiben mit einem herzlichen
À votre santé! Santat! Oder einfach
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