Expedition ins Tierreich
Expedition ins Tierreich
Wenn Sie unseren Beitrag zum Thema Etiketten aufmerksam gelesen haben, dann wissen Sie genau, welche Informationen auf einem Etikett zu finden sind und wie ein gut gemachtes Etikett die Kaufentscheidung positiv beeinflussen kann. Für die Imagebildung und die Vermarktung von Spirituosen spielen vor allem auch Wort- und Bildmarken eine nicht zu unterschätzende Rolle. Bei einem Rundgang durch unser Ladenlokal ist uns bei genauerer Betrachtung aufgefallen, dass es auf den Verpackungen und Etiketten nur so wimmelt von Tieren. Mühelos ließe sich ein ganzer Zoo zusammenstellen. Hier ein imposanter Hirsch, dort ein schelmischer Affe, bunte Papageien, wie etwa bei den Rumvarianten von Doorly’s, neben den eleganten Graugänsen des französischen Vodkas Grey Goose. Warum sind Tiere so häufig auf den Flaschen anzutreffen?
Woher stammt die Tradition?
Die Ursprünge der heute im Warenverkehr und in der Werbung allgegenwärtigen Marken zur Kennzeichnung von Produkten lassen sich bis ins Mittelalter zurückverfolgen. Hervorzuheben sind hier etwa die sogenannten Signets, ein französischer Begriff für die Zeichen der Buchdrucker und Verleger. Diese Signets bestanden häufig aus einem persönlichen Wappen, Initialen oder einem bestimmten Sinnbild. Die damit gekennzeichneten Bücher ließen sich eindeutig auf eine Druckerpresse zurückverfolgen. Die Urheberrechte konnten geschützt werden und die Qualität der Erzeugnisse sorgte für die Zufriedenheit der Kunden und vereinfachte Wiederholungskäufe.
Vorgänger der heutigen Marken finden sich auch bei anderen Handwerken. Töpfer, Goldschmiede und Steinmetze nutzten ihre eigenen Zeichen und Papierhersteller schufen die besonders feinen Wasserzeichen. In der Viehzucht sind Brandzeichen entstanden. Vielfach gaben solche Zeichen die Herkunft eines Erzeugnisses, ihre Beschaffenheit oder Bestimmung an. Wichtig war dies vor allem, wenn der Inhalt von Gehältern nicht in Augenschein genommen werden konnte. So ist beispielsweise Gosling’s Black Seal Rum von den Bermudas zu erklären, der sogar auf einen eigenen Drink verweisen kann, den Dark ’n Stormy®.
Ursprünglich wurde dieser beliebte Rum direkt aus Fässern an die Kundschaft abgefüllt, später dann in ehemalige Champagnerflaschen, die mit schwarzem Lack versiegelt wurden. Das schwarze Siegel -Black Seal- wurde schnell zur gefragten Marke. Die heutige Wort-Bild-Marke mit der schwarzen Robbe, die ein Fass Rum auf der Nase balanciert ist ein Wortspiel, denn Seal kann sowohl Siegel als auch Robbe bedeuten.
Im mittelalterlichen Stadtbild waren die Bildzeichen der Zünfte präsent. Sie zeigten die Zugehörigkeit eines bestimmten Geschäfts zu einer Zunft an und boten einen ersten Hinweis auf die angebotenen Waren und Dienstleitungen. Besonders kreativ in der Wahl ihrer Marken waren seit jeher Wirtshäuser. Vielleicht färbte davon etwas auf die Hersteller von Spirituosen ab. Die Vielfalt an Marken ist in diesem Bereich zu einer Größe angewachsen, die heute schwer zu überschauen ist. Deshalb wollen wir uns in diesem Beitrag unseres Blogs ganz auf das Beispiel Tiere konzentrieren.
Tiere als Marke
Tierfiguren als Bildmarken oder Illustrationen sind nicht nur ein schön anzusehende Dekoration, vielmehr ziehen sie unsere Aufmerksamkeit auf sich und helfen dabei, Marken leichter zu unterscheiden. Wenn ein Kunde nach einem schottischen Whisky mit einem Hirsch als Markenzeichen fragt, sucht er wahrscheinlich Glenfiddich. Die Bedeutung des gälische Markennamens -Tal der Hirsche- ist da schon etwas kniffliger zu entschlüsseln und ohne Bildmarke auch schwerer zu merken. Die Verbindung des Tequilas der Marke José Cuervo zum Wappentier der Familie ist weniger offensichtlich. Der Rabe, spanisch Cuervo, taucht dort nur klein und neben anderen Symbolen auf. Gerade für die internationale Vermarktung besitzen eindeutige Bildmarken unbestreitbare Vorteile.
Bleiben wir beim Hirsch, der in unseren Breiten durchaus häufiger anzutreffen ist. Der deutsche Kräuterlikör Jägermeister hat sein weltweit bekanntes Markentier der Hubertussage entlehnt. Nun gilt der heilige Hubertus von Lüttich als Schutzpatron der Jagd und so ist direkt die ursprüngliche Zielgruppe erkannt: Jäger.
Bekannte Beispiele und deren Geschichte
Selbst wenn dieser Hintergrund nicht bekannt ist, liefert der Name dieses beliebten Kräuterlikörs einen eindeutigen Hinweis. Überhaupt scheinen viele Tiere von Spirituosenmarken in einem Jagdkontext verortet zu sein. Die Darstellung von Trophäen erinnert an vergangene Jagderfolge wie bei Red Stag von Jim Beam, dem Kentucky Straight Bourbon von George T. Stagg oder der schottische Single Malt Whisky The Dalmore.
Es lohnt also, einen zweiten Blick auf die Etiketten der Flaschen und ihre Verpackungen zu werden, denn häufig erzählen sie uns kleine Geschichten über ihre Herkunft, Entstehung und vieles mehr. Kannten Sie etwa schon die Geschichte des Likörs Hirschrudel, in der Hirsche die Großmutter des Unternehmers Dirk Verpoorten zu den Kräutern führen, die später einmal Grundlage für das Rezept dieses Kräuterlikörs wurden?
Eine persönliche Geschichte erzählt auch die ikonische Fledermaus der international bekannten Rum-Marke Bacardi. Sie steht stellvertretend für die Fledermäuse, die einst im Dachstuhl der Brennerei Unterschlupf fanden. Beim limitierten Gin Beefeater Crown Jewel sind es die Raben am Tower of London, die der Sage nach eng mit dem Wohlergehen des Königreichs in Verbindung stehen und zusammen mit den Beefeaters über die Kronjuwelen wachen. Mit einem Augenzwinkern kommen die Illustrationen auf den Flaschen von The Whiskey Union daher, die jüngst Boxing Hares und Smoky Goat ins Rennen schickte. Pferdefreunde werden bei der irischen Whiskey-Marke Tyrconnell aufhorchen, die einem berühmten Rennpferd zu Ehren benannt ist.
Warum das ganze?
Neben der erhöhten Aufmerksamkeit, der Abgrenzung und der Merkfunktion helfen Bildmarken ganz wesentlich dabei, das Image von Marken aufzubauen. Dabei dienen Marken der leichteren Identifikation des Herstellers oder der Kennzeichnung eines Produktes. Das ästhetische Gefallen kann der Entscheidung für eine bestimmte Marke aus dem Bauch heraus helfen – das haben wir in unserem Alltag im Fachgeschäft bei der Kundenberatung gelernt. Vor allem hat der Wiederholungskauf oder die Empfehlung an Freunde später einen guten Aufhänger.
Beim Wiedererkennen rufen Bildmarken häufig spontane Assoziationen hervor, die bei Tiermotiven besonders intensiv sind. Schließlich spielen Tiere in allen Kulturen der Welt eine zentrale Rolle. Zahllose Fabeln und Mythen ranken sich um Tiere, die manchmal sogar als Götter verehrt werden. Mitunter spielen solche Bildmarken auf diese Geschichten an. Tiere können dann bestimmte menschliche Eigenschaften verkörpern, die mit der Bildmarke auf eine Spirituose übergehen sollen. Häufig treffen wir auf Säugetiere, die sich durch ihre besondere Kraft auszeichnen, wie etwa Bären bei Puschkin Vodka und Russian Standard. Bei Russian Standard ist dem Bären gleich noch ein Adler gegenübergestellt, der als König der Lüfte für Weitblick und Mut steht. Adler finden sich u. a. bei Adler Berlin Dry Gin, dem Kentucky Straight Bourbon Whiskey Eagle Rare, dem Single Malt von Ardmore und auf den Etiketten des klassischen Kräuterbitters Fernet Branca.
Heimische- und Fabelwesen
Eine ganz andere Richtung schlagen die Hersteller der brasilianischen Spezialität Cachaça ein. Hier wird die bunte Vielfalt der tropischen Tierwelt präsentiert: ein Kolibri bei Canarío, ein Tukan im Falle von Cachaça da planta çao, eine Schildkröte bei Cachaça Tropicana und schließlich das vielleicht ungewöhnlichste Tier bei der Marke Pitú, die nach der umgangssprachlichen Bezeichnung einer im Nordosten Brasiliens beheimateten Süßwasserkrabbe benannt ist.
Nicht zuletzt weisen einige Hersteller anhand von Tieren auf die heimische Artenvielfalt hin, die es zu schützen gilt, wie beispielsweise bei den Whiskysorten der Serie Flora & Fauna. Gastwirte bieten ihren Gästen gerne eine Spezialität mit lokalen Bezug an und Liebhaber von Whisky können sich auf eine Entdeckungsreise durch die Landschaft begeben, in der er entsteht. In diesem Bereich ist beispielsweise auch Moorbock anzusiedeln, eine Spezialität aus der Lüneburger Heide. Dort leisten Heidschnucken einen wichtigen Beitrag zu Pflege und Erhalt dieser Kulturlandschaft. The Famous Grouse, die beliebte Marke für Blended Scotch Whisky, greift verschiedene Vogelarten auf, die in Schottland beheimatet sind, wie z. B. das schottische Moorschneehuhn und das Birkhuhn beim Smoky Black. Die Rentiere der finnischen Vodkamarke Finlandia sind wiederum ein vertrauter Anblick am nördlichen Polarkreis. Im Falle von Wild Turkey und Buffalo Trace ist sofort klar, dass wir uns auf dem nordamerikanischen Kontinent befinden. Der spanische Gin Cabraboc erinnert schließlich an die wilden Bergziegen, die in den wunderschönen Bergen der Tramuntana de Mallorca leben.
Wir haben festgestellt, dass es überaus viele Tiere auf die Flaschenetiketten geschafft haben. Dabei dürfte es wohl keinem anderen Hersteller so eindrucksvoll gelungen sein, seine tierische Bildmarke auch in die Landschaft zu stellen wie Osborne. Mit der ikonischen Silhouette eines Stiers hat die Werbeagentur Azor ein unverwechselbares Markenzeichen geschaffen, das die Autofahrer entlang Spaniens Autobahnen in Überlebensgröße begleitet und bereits von weitem auf den ersten Blick zu erkennen ist. Damit ist der Bezug der Marke Osborne zu ihrem Ursprungsland überdeutlich.
Was aber macht ein Affe im Schwarzwald, wenn er dort nicht gerade mit einer Zirkustruppe gastiert oder in einem Zoo wohnt? Diese Begegnung ist mindestens genauso merkwürdig wie der Eisbär als Markenzeichen des australischen Rums Bundaberg. Gemeint ist natürlich das niedliche Äffchen auf dem Etikett des Monkey 47, der in einer Brennerei mitten im Schwarzwald handwerklich gewonnen wird und mit dem der anhaltende Gin-Boom in Deutschland erst so richtig befeuert wurde. Der ostindische Makake, der auf den Namen Max hört, ist so etwas wie das Schutztier des Schöpfers Montgomery Collins. Als Staffelkommandant der Royal Airforce kommt Collins im Jahr 1945 zunächst ins zerstörte Berlin. Weil er in Madras geboren wurde, spendet er dem Berliner Zoo einen ostindischen Makaken, den er als Pate auf den Namen Max tauft. Später siedelt sich Collings im Schwarzwald an und eröffnet dort ein Wirtshaus mit dem Namen -Zum wilden Affen-, wo er in Ruhe und mit großer Sorgfalt das Rezept für den Schwarzwald Dry Gin entwickelt. Zur Erinnerung an eine der 47 Botanicals hält Max übrigens einen Zweig mit Cranberries in der Hand.
Bleiben wir beim Gin. Der Elephant Gin greift thematisch eine Afrika-Expedition des Botanikers Heinrich Stark im Jahr 1802 auf und weist damit auf die bedrohten Dickhäuter hin, die wie kaum ein anderes Tier die wilde Schönheit Afrikas symbolisieren. Das haben sich mit Sicherheit auch die Schöpfer des südafrikanischen Crème-Likörs Amarula gedacht. Die Macher von Elephant Gin unterstützen übrigens die Big Life Foundation. Deshalb erinnern die Namen der einzelnen Chargen dieses handwerklich hergestellten Gins an Elefanten, die durch diese Organisation geschützt werden.
Ein Tier definiert eine Spirituosenart
Eine äußerst skurrile Geschichte verbirgt sich hinter der Ginsorte Old Tom Gin, ein leicht gesüßter Gin mit einem milden Geschmacksprofil, der vor allem im 18. und 19. Jahrhundert in ganz England weit verbreitet war. Old Tom bedeutet übersetzt so viel wie -alter Kater-. Entsprechend greifen die Marken Both’s und Hayman’s einen solchen Kater auf den Etiketten ihrer Flaschen auf. Dahinter verbirgt sich eine pikante Geschichte. Als Gin im 19. Jahrhundert in England verboten war, brachte ein eifriger Geschäftsmann ein Holzschild in Form eines schwarzen Katers an seinem Geschäft an. Eingeweihte, die nicht auf ihren geliebten Gin verzichten wollten, wussten, dass aus dem kleinen Röhrchen Gin floss, sobald man eine passende Münze in den Schlitz warf. Diese Idee verbreitete sich schnell von Mund zu Mund und der Name Old Tom Gin war geboren.
Ähnlich ist die Gattungsbezeichnung Bärenfang für einen traditionellen Honiglikör aus hochprozentigem Alkohol mit Honig und ausgesuchten Gewürzen. Diese Spezialität ist bereits im Mittelalter in Ostpreußen entstanden. Die Etiketten der Flaschen vieler Marken sind mit unterschiedlichen Illustrationen von Bären verziert, mal schleckt der Bär frischen Honig aus den Waben eines Bienenstocks, mal wird er selbst zur Beute. Vielleicht steckt dahinter ja auch eine Warnung zur besonderen Vorsicht beim Genuss süßer Spezialitäten. Die Biene als Verbindung zu Honiglikör haben wir vergeblich gesucht. Dafür hat die Tequila-Marke Patrón eine stilisierte Biene als Markenzeichen gewählt. Damit weist Patrón darauf hin, wie wichtig Bienen für die Bestäubung der blauen Weber-Agave sind.
Der vor allem in Norddeutschland beliebte Matjesschluck enthält natürlich keinen Matjes. Dafür ist der Kräuter-Klare ein idealer Begleiter zu Fischspezialitäten der Küste. Eine echte Schmetterlingsraupe enthält dafür der mexikanische Agavenbrand der Marke Gusano Rojo, auf Deutsch -roter Wurm-. Die Raupe hat eine direkte Verbindung zum Mezcal, wächst sie doch in denselben Agaven heran, aus denen der Mezcal gewonnen wird. Erst durch den Befall der Agaven entwickelt der daraus gewonnene Mezcal seine besondere Aromatik. Deshalb ist die Raupe nicht nur Bildmarke, sondern als Beigabe in jeder Flasche enthalten und damit eine Abgrenzung zu Tequila. Um diese Raupe ranken sich vielerlei Legenden. Für die einen ist es ein Qualitätsmerkmal, da sich die Raupe in minderwertigen Bränden auflösen würde, für die anderen eine kleine Mutprobe, die demjenigen vorbehalten ist, der den letzten Schnaps der Flasche eingeschenkt bekommt.
Bisongras
Eine pflanzliche Beigabe ist in den Flaschen der polnischen Vodka-Marken Zubrowka und Grasovka zu entdecken. Dabei handelt es sich um einen Halm Büffelgras. Dieses Gras gedeiht im Nationalpark Bialowieza, dem letzten Tiefland-Urwald Europas. In freier Wildbahn sind dort noch die selten gewordenen Wisente bzw. Europäischen Bisons anzutreffen. Diese sind Namensgeber für das Gras und schmücken als Illustrationen die Flaschenetiketten beider Marken.
Besonders schöne Beispiele
Optisch besonders ausgefallen ist die Flasche des sibirischen Premium-Vodkas Mamont, die durch den Fund des Yukagir Mammuts inspiriert wurde und deren gebogene Form an einen Mammutstoßzahn erinnert. Durch reliefartige Verzierungen fallen der Blended Malt Monkey Shoulder und die Cognacmarke Meukow auf. Die ins Glas eingelassenen Verzierungen geben einen besonderen Blickfang ab und bedienen unseren Tastsinn, wenn wir mit Hand darüber streichen. Die drei Affen von Monkey Shoulder weisen auf die drei Single Malt Whiskys aus der Region Speyside hin, aus denen der Monkey Shoulder komponiert wurde, außerdem befinden sich die Affen rechts unterhalb des Flaschenhalses, also in gewisser Weise auf der Schulter. Der Panther von Meukow ist eine der dynamischsten Tierdarstellungen, die wir entdeckt haben. Die springende Raubkatze reicht von der Rückseite der Flasche bis zu ihrer Vorderseite.
Zugegeben, der Ansatz, Flaschen nach Tieren zu sortieren, ähnelt stark dem Sammeln von Briefmarken. Bei dieser ungewöhnlichen Betrachtungsweise lassen sich schnell neue Beziehungen knüpfen, die über die Grenzen der Gattungen hinausgehen. Gerade für Mixologen ist die Paarung von Marken mit Tieren ein frischer Ansatz und eine Herausforderung für neue Cocktail-Kreationen an der Bar.
Diese Aufzählung von Marken ist umfangreicher als erwartet ausgefallen und kann doch nur einen ersten Überblick liefern. Mit Sicherheit fallen Ihnen noch Ergänzungen ein. Wir freuen uns auf ihr Feedback und sind gespannt auf Ihre Favoriten!
Wir wünschen Ihnen jede Menge Spaß beim Entdecken!
Cheers,
Ihr Banneke Team
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