Was ist Calvados?

Wer den deutschen Obstbrand schätzt, der wird auch am französischen Calvados besonderen Gefallen finden. Der Edelbrand auf Apfelbasis hat seinen Namen vom Département Calvados in der Normandie, im Norden Frankreichs. Die Herkunft der verwendeten Äpfel ist streng auf dieses Anbaugebiet beschränkt, wodurch die Spezialität Calvados einen starken lokalen Bezug bekommt.

Bei uns erfahrt ihr alles Wissenswerte zu den Besonderheiten des Apfelbranntweins aus Calvados-Äpfeln, dem zum Feinschliff auch in begrenzten Mengen ausgewählte Birnen zugefügt werden dürfen. Wir führen euch in die Geschichte, die Herkunft und die Herstellung des französischen Exporthits ein. Und natürlich haben wir auch wieder leckere Rezepte zum Mixen für euch zusammengestellt.



Geschichte des Calvados

Bereits im Jahre 1553 wird in einem königlichen Dekret ein „Eau de Vie de Sydre“ erwähnt, sozusagen der Vorfahre des heutigen Calvados. Den ersten wirklichen Aufschwung erlebte das Getränk im Zuge der französischen Revolution, als jedem Obstbauern erlaubt wurde, einen Teil seiner Ernte zu brennen. Das führte zwar zu einem lokalen Boom, aber überregional oder gar international bekannt wurde der Calvados erst sehr viel später, zur Zeit des zweiten Weltkriegs.

1942 wurde das „Bureau National Interprofessionnel des Calvados et Eau-de-Vie-de-Cidre“ ins Leben gerufen, welches sich um die Einhaltung der Reglementierungen kümmerte und den Grundstein für die internationale Vermarktung legte. In Verbindung mit der nunmehr eingeschränkten Erlaubnis zum selber brennen zentralisierte sich die Calvados-Herstellung und das gesamte Auftreten der Region und Ihrer Produkte wurde professionalisiert.

All dies führte auch dazu, dass Calvados in der Folge vor allem nach Deutschland zu einem echten Exporthit avancierte. Deutschland ist nach wie vor der Hauptmarkt für den Calvadosexport.

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Herkunft des Calvados

Grundsätzlich ist zunächst zu sagen, dass alle für die Calvadosherstellung nötigen Arbeitsschritte, von der Ernte der Früchte bis hin zum fertigen Calvados in der Flasche, ausnahmslos in dem Gebiet seiner Herkunft getätigt werden müssen. Der Calvados-Apfel ist also keine bestimmte Sorte, sondern stammt aus dem Gebiet, das mit dem Kürzel AOC, Appellation d’Origine Contrôlée, als geschütztes Herkunftsgebiet gekennzeichnet ist.

Calvados AOC ist dabei keine zusammenhängende Region, sondern erstreckt sich über mehrere, separate Anbaugebiete. Es ist außerdem nicht mit dem Département Calvados gleichzusetzen. Insgesamt gibt es neben dem Calvados AOC noch die Pay d’Auge AOC, das Kern-Anbaugebiet des Calvados, und Domfrontais AOC.

Letzterer fällt besonders durch seinen hohen Birnenanteil auf. Während bei Calvados und Pays d’Auge höchstens 30 Prozent Birne beigemischt werden darf, gilt beim Domfrontais dieser Wert als Mindestmaß, was sich auch geschmacklich niederschlägt. Dennoch haben andere Unterschiede in der Herstellung stärkere Auswirkungen auf Geschmacksunterschiede zwischen den Marken. Schauen wir uns den Herstellungsprozess etwas näher an.

Herstellung und Lagerung des Calvados

Die Liste der zugelassenen Apfelsorten ist lang, weit über hundert Sorten stehen hier zur Auswahl, um die perfekte Mischung zu erreichen. Als Grundregel wird eine Mischung aus 40% bitteren, 40% süßen und 20% sauren Sorten gewählt. Auch bei den Birnen kann aus fast hundert gewählt werden, was die ideale Abstimmung ermöglicht.

Nach der Ernte im Oktober und November werden die Äpfel zu Most verarbeitet, der anschließend mehrere Wochen rein natürlich und ohne Zusätze fermentiert. Der so entstandene Cidre dient als Grundlage für den Calvados, ist zu diesem Zeitpunkt aber noch zu sauer und zu bitter, um genießbar zu sein. Während der zweijährigen Lagerung im Holzfass ändert sich das.

Im anschließenden Destillationsprozess teilt sich in zwei Durchgänge. Nach dem ersten erhält man das „petite eau“, einen ersten Rohbrand, der nach kurzer Ruhezeit die zweite Destillation durchläuft. So entsteht ein hochwertiger Feinbrand mit bis zu 70% vol. Alkoholgehalt.

In der anschließenden letzten mehrjährigen Lagerung reift der Calvados zu voller Qualität heran. Wie beim Branntwein allgemein gilt auch hier, je länger der Calvados lagert, desto dunkler wird seine Farbe und desto komplexer werden die Aromen. Als Qualitätsmerkmal gilt die Altersstufe, die von VO = Very Old (4 Jahre) über VSOP = Very Superior Old Pale (mindestens 5 Jahre) bis hin zu XO = Extra Old (mind. 6 Jahre) reicht.

Nach der Lagerung ist die ganze Kunstfertigkeit des Kellermeisters gefragt. Bei der Assemblage werden verschiedene Edelbrände unterschiedlicher Altersstufen und Geschmacksnuancen kombiniert, bis schließlich eine harmonische und dem Charakter des Hauses entsprechende Komposition entstanden ist. Abschließend wird er mit Wasser auf die gewünschte Trinkstärke von 40 bis 45% vol. herabgesetzt und abgefüllt.

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Brennkolonnen oder Brennblasen?

Im Anschluss daran erfolgt das Brennen. Hierzu kommen zwei verschiedene Vorgänge in Frage. Zum einen darf Calvados in Brennkolonnen kontinuierlich gebrannt werden, zum anderen gibt es die aufwendigere und qualitativ hochwertigere Methode in den traditionellen „Alambique de Charentes“ Kupferbrennblasen. Ähnlich wie beim Cognac gibt es hier zwischen der eigentlichen Brennblase und der Kühlspindel noch den so genannten Vorheizer. In diesen wird der fertig fermentierten Apfelcidre eingefüllt. Durch das Durchlaufen des aus der Brennblase kommenden Destillates wird zum einen der Cidre vorgeheizt, bevor er in die Brennblase gefüllt wird, und zum anderen der Alkoholdampf schon langsam gekühlt, bevor er die Kühlspindel erreicht.

Bei diesem Verfahren wird dann der Mittellauf oder das Herz vom Vor- und Nachlauf getrennt. Dieses beim Calvados sogenannte „kleine Wässerchen“ wir dann noch ein zweites Mal auf die gleiche Art und Weise destilliert und erst der aus diesem Vorgang entnommene Mittellauf ist gut genug, um im Anschluss gelagert zu werden. Um etwa 0,7 Liter fertigen Calvados herzustellen, benötigt man zunächst 10kg Äpfel, aus denen man in etwa 6L Most gewinnt.

Die Lagerung

Das eigentliche Geheimnis der Calvados Herstellung beginnt allerdings erst ab diesem Zeitpunkt. Der junge Calvados wird in Eichenfässer gefüllt, in welchen er für mindestens 2 Jahre heranreifen muss. Durch die Wechselwirkung des jungen Brandes, des Holzes und der Luft gewinnt der Clavados zunehmend an Komplexität. Die Aromatik wandelt sich dabei immer mehr hin zu Tönen von dunkler Schokolade, dezentem Rauch und Walnuss.

Nach der Lagerung wird der Calvados dann noch abgefüllt und an seinen Bestimmungsort gebracht. Etwas über 50% der gesamten Produktion sind dabei für den Export bestimmt. Die größte Kunst bei der Herstellung ist das Blending der verschiedenen einzelnen Brände, um den gewünschten harmonischen Geschmack, der den Charakter des Hauses trägt, zu erzielen.

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Calvados ist nicht gleich Calvados

Bei der Wahl des passenden Calvados sollte man einige Dinge wissen und in Betracht ziehen. Vor allem der Typ bestimmt das Aroma und in zweiter Linie dann die Lagerzeit. Wie schon erwähnt, unterscheiden wir im Groben drei Arten von Calvados. Den Calvados AOC den Pay d’Auge und den Calvados Domfrontais. Diese unterscheiden sich teils deutlich voneinander.

Dauphin Hors d'AgeCalvados Pay d’Auge

Aus dem Untergebiet Pay d’Auge stammt der gleichnamige Clavados. Er gilt allgemein als der Beste unter seinesgleichen und sein Anteil an der Gesamtproduktion macht in etwa 25% aus. Das Pay d`Auge war das erste Gebiet, welches eine AOC Klassifizierung erhielt.

Calvados Domfrontais

Mit nur etwa 1% Anteil an der Gesamtmenge wird man nur selten einen Domfrontais finden. Allerdings bietet er eine Besonderheit, die seine Kenner und Liebhaber besonders schätzen. Er muss zu mindestens 30% aus Birnen hergestellt werden und hat daher einen ganz eigenen Charakter.

Calvados AOC

Den Löwenanteil an der Calvadosproduktion machen die AOC Calvados aus. Gut 75% der Gesamtproduktion fallen unter diese Kategorie. Verwendet werden dürfen Äpfel und Birnen aus allen AOC klassifizierten Gebieten. Grundsätzlich kann man aber nicht sagen, dass ein einfacher AOC Calvados schlechter ist als seine Verwandten.

Auf dem Etikett der Flasche lassen sich aber noch weitere wichtige Merkmale des Calvados ablesen. Vor allem seine Reifezeit spielt, wie schon erwähnt, eine entscheidende Rolle für die Qualität und das Geschmackserlebnis. Neben allgemeinen Angaben zur Füllmenge und dem Alkoholgehalt, wie bei anderen Spirituosen auch, finden sich zum Beispiel auch die AOC Angaben und vor allem eine Umschreibung des Alters oder sogar ein Jahrgang. Der Zusatz Production Fermière verweist zudem darauf, dass die gesamte Herstellung, von der Ernte bis zur Abfüllung, auf dem jeweiligen Gut selbst stattgefunden hat.

Folgende Begriffe finden sich auf dem Etikett, wenn es die erforderliche Mindestlagerzeit erfüllt:
2 Jahre: *** | VS
3 Jahre: Vieux | Réserve
4 Jahre: V.O. | Vieille Réserve | VSOP
6 Jahre und deutlich älter: Hors d’Age | XO | Très Vieille Réserve | Extra | Napoléon

Sind auf dem Etikett Jahreszahlen wie 21 ans angegeben, so ist der jüngste verwendete Anteil maßgebend. Es könnten in diesem Beispiel also auch deutlich ältere Brände verschnitten sein. Meistens ist dies der Fall.
Ist eine tatsächliche Jahresangabe auf der Flasche zu finden, so müssen alle Anteile in der Flasche aus einem einzigen Brennvorgang stammen.
Wie bei anderen Spirituosen auch, so gibt es natürlich auch beim Calvados große Unterschiede zwischen den einzelnen Herstellern. Wir bevorzugen und mögen vor allem die Erzeugnisse von Roger Groult. Ein echter Handarbeit Calvados der unter Kennern einen großen Namen besitzt. Seit 1850 stellt die Firma Calvados ausschließlich aus Äpfeln aus den eigenen Obstgärten her.

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Das normannische Loch

Hat man sich dann für einen passenden Calvados entschieden, stellt sich die Frage nach dem richtigen Rahmen für seinen Genuss. Das normannische Loch ist dabei eine in der Normandie weit verbreitete Redensart, welche eine besonders schöne Form des Genusses beschreibt. Auch wenn sich Calvados sowohl als Aperitif als auch als Digestif hervorragend eignet, so genießen ihn die Franzosen gerne zwischen den Gängen. Vornehmlich anstelle eines Sorbets nach dem Hauptgang, manchmal aber auch in Kombination mit einem solchen. Der gewünschte Effekt ist ähnliche wie beim Sorbet. Man soll sich in Ruhe auf die noch kommenden Gänge einstellen und sich darauf freuen.

Wie schon erwähnt, eignet sich Calvados pur aus einem Nosingglas genossen auch ideal als Aperitif zu Sommerlichen Menüs. Gerade eine Hors d’Age Qualität kann aber sicher auch viele Freunde anderer gelagerter Spirituosen für sich gewinnen und bietet den passenden Genuss zu besonderen Anlässen mit lieben Menschen. Auch gereifter Käser harmonisiert Teils perfekt mit den fruchtigen Nuancen des Apfelbrandes, ebenso Zigarren einer dezenten Sorte.

Applejack und klassische Drinks

Äpfel gehören auch bei der flüssigen Feinkost zu den beliebtesten Obstsorten. So gibt es kaum eine Obstbrennerei die es sich nehmen lässt einen Obstler oder einen Apfelbrand herzustellen. Jedoch werden nur wenige so aufwendig produziert und gelagert. In der Barszene fristet der Calvados immer noch ein Schattendasein. Wenn es klassische Rezepte mit Apfelbränden gibt, so sind diese meist mit einem anderen Apfelprodukt verbunden, dem Applejack.

Dies lässt sich vor allem dadurch begründen, dass der Applejack in den USA sehr viel bekannter war und ist. Jedoch sind nur wenige Vertreter dieser Art qualitativ auf eine Stufe mit dem Calvados zu setzen. Weder die verwendeten Rohstoffe noch die Herstellung halten dem direkten Vergleich stand. Der bekannteste und auch gute Applejack von Laird & Co, zum Beispiel, wird nur zu 35% aus Äpfeln gemacht. Der Rest ist einfacher Neutralalkohol. Dieser Umstand eröffnet jedoch die Möglichkeit, die teils ohnehin schon köstlichen Rezepte durch die Verwendung eines guten Calvados deutlich zu verbessern. Zwei von diesen möchten wir Ihnen hier gerne vorstellen:

Als erstes stellen wir Ihnen eine Variante des „Applejack Cocktails“ vor. Dieser passt gut zu den vorher beschriebenen Tatsachen, da er sich mit nur ein klein wenig Mühe zu einem deutlich intensiveren Geschmackserlebnis wandeln kann. Klassisch wird er mit Grenadinesirup und Applejack gemixt. Unser Rezept lautet wie folgt.

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Pommejack Cocktail

Roger Groult Reserve 3 ansZutaten

Zubereitung

Alle Zutaten zusammen in einen Shaker geben und diesen dann mit viel Würfeleis auffüllen. Kräftig shaken und im Anschluss in ein vorgekühltes V-Shape Glas abseihen. Mit einem getrockneten Apfelring im Glas garnieren. Cheers!

Für die Freunde klassischer und herber Drinks bietet sich eine Abwandlung der klassischen Americano an. Wobei wir, bis auf das Sodawasser, jede einzelne Zutat ersetzen. Besonders als Aperitif eignet sich dennoch der:

Golden Delicious

Chateau du Breuil VSOPZutaten

Zubereitung

Den Calvados und Lillet zusammen in einen Tumbler geben und mit Eiswürfeln auffüllen und verrühren. Im Anschluss etwas Sodawasser hinzugeben und etwa zwei Spritzer des Plum Bitters. Einen Spirale aus einer Apfelschale Formen und mit ins Glas geben, Cheers!

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Wir hoffen, wir konnten Sie ein Stück weit für diese aufregende Spirituose begeistern und Ihnen die ein oder andere Anregung mit auf den Weg geben. In diesem Beitrag lernen Sie übrigens mehr darüber, was man beim Kauf und dem anschließenden Genuss beachten sollte.
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Bis dahin verbleiben wir mit einem herzlichen

CHEERS!

Ihr Banneke Team

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